Nichts als Katastrophen? Klimawandel als Herausforderung für die utopische Tradition
DOI:
https://doi.org/10.37536/ECOZONA.2020.11.1.3189Schlagworte:
Cli-Fi, Klimawandel, Utopie, Katastrophismus, Fridays for FutureAbstract
Aktuelle klimapolitische Debatten sind von einem apokalyptischen Denken durchdrungen. Auch Bewegungen wie Fridays for Future sind davon geprägt – positive Zielsetzungen bleiben dagegen abstrakt, utopische Bilder einer nachhaltigen Gesellschaft stehen nicht im Vordergrund der öffentlichen Auseinandersetzungen. Ich möchte dafür argumentieren, dass eine Vergegenwärtigung und Fortschreibung der Tradition der literarischen Utopie Potentiale für alternative Zukunftskonstruktionen bieten. Ich möchte der Frage nachgehen, wie literarische Utopien Momente eines besseren Lebens in einer vom Klima verwandelten Zukunftswelt aufzeigen können. Dazu werde ich (1.) aktuelle literaturwissenschaftliche Diskussionen zum sogenannten „Cli-fi“-Boom betrachten. Insbesondere die zeitlichen Dimensionen des Klimawandels erweisen sich als eine beachtliche Schwelle für seine gelingende Literarisierung. Allerdings, so werde ich (2.) darlegen, gründet gerade die Wandelbarkeit literarischer Utopien auf ihrer Fähigkeit, Zeitlichkeit zu modellieren. Vor diesem Hintergrund werde ich (3.) mit Kim Stanley Robinsons New York 2140 einen aktuellen Text analysieren, der die utopische Tradition vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten um Klimawandel und Anthropozän fortschreibt. Ich werde nachzeichnen, mit welchen Strategien es ihm gelingt, individuelle, soziale und klimatische Zeitebenen miteinander zu verknüpfen. Abschließend (4.) werde ich kurz diskutieren, weshalb eine kritische Reflexion der zeitgenössischen Dominanz apokalyptischen Denkens für aktuelle klimapolitische Debatten wichtig ist: Die Fixierung auf potentielle Verwüstungen und überambitionierte Reduktionsziele bergen die Gefahr, dass die derzeit mobilisierten Kräfte allzu schnell frustriert werden und in eine zynische Haltung umkippen.
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