Disruptive Begegnungen in der Arktis: Fischsterben, radioaktive Kontamination und politische Machtkämpfe in Wolf Harlanders Ökothriller "Schmelzpunkt" (2022)
DOI:
https://doi.org/10.37536/ECOZONA.2024.15.2.5374Parole chiave:
Ökothriller, Katastrophenliteratur, Umweltkrise, Arktis, CommonsAbstract
Der Beitrag untersucht den jüngst erschienenen Ökothriller Schmelzpunkt (2022) von Wolf Harlander im Hinblick auf die fiktionale Darstellung aufstörender Begegnungen in der arktischen Region. Schmelzpunkt thematisiert Umweltkatastrophen, Artensterben, Gletscherschmelze, wirtschaftspolitische Kämpfe zwischen Großmächten wie China, Russland und die USA, aber auch Deutschland, wodurch das Bild der Arktis als eines zivilisationsfernen Rückzugsraumes in Frage gestellt wird. Auslöser ist ein ungewöhnliches Fischsterben, dessen Ursachen nach zahlreichen mysteriösen Vertuschungsversuchen erst in der Interaktion von indigenem Wissen und moderner Biologie sowie der Kollaboration gesellschaftlich heterogener Gruppen aufgedeckt werden können. Eine ökologische Katastrophe tritt ein, eine noch größere wird gerade noch verhindert.
Im Fokus der Untersuchung stehen zum einen Situationen der (wissenschaftlichen) Kommunikation im Rahmen sogenannter ,Kontaktszenen? (Koch/Nitzke 2022), in welchen unterschiedliche gesellschaftliche Machtsysteme aufeinandertreffen, und die zugleich einen Rahmen schaffen, in dem Austausch und Produktion von Wissen, aber auch disruptive Störungen gesellschaftlicher Ordnungssysteme in den Blick genommen werden können. Die Bedingungen der Kontaktszenen werden zum anderen verbunden mit der Frage nach den Commons (dt. ‚Allmende‘), d.h. der Verteilung von Ressourcen und ihren Nutzungsrechten, die den Konflikt der im Ökothriller dargestellten Machtsysteme überlagert. Ausgehend von Garrett Hardins These einer Tragedy of the Commons (1968) und aktuelleren Positionen Elinor Ostroms ([2009] 2022) und Silke Helfrichs (2012, 2021 mit Johannes Euler), welche die Verbindlichkeit der Ressourcennutzung in Form sozialer Praktiken (Commoning) herausstellen, ist sodann die literarische Funktion dieser Ansätze zu beleuchten. Insgesamt wird gezeigt, dass und in welcher Weise Literatur aktuelle komplexe Krisensituationen nahbar machen und zu deren Bewältigung beitragen kann.
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